Bei Reise des Arbeitnehmers in ein Risikogebiet und anschließende Quarantäneanordnung durch den Arbeitgeber. Muss der Arbeitgeber während der Quarantäne den Lohn fortzahlen?
Zunächst soll klargestellt werden, dass es im hier geschilderten Fall nicht um eine gesetzlich verordnete Quarantäne nach dem Infektionsschutzgesetz ging, sondern um eine vom Arbeitgeber angeordnete Maßnahme.
Wenn der Arbeitnehmer hingegen behördlich angeordnet in eine Quarantäne geschickt wird, bekommt er seinen Lohn unproblematisch selbstverständlich fortgezahlt auch der Arbeitgeber wird über das Infektionsschutzgesetz entlastet. Er kann über das Infektionsschutzgesetz Erstattung der Lohnfortzahlung die er an den Arbeitnehmer leistet, beanspruchen.
Im hiesigen Fall, der vor der Arbeitsgericht Dortmund entschieden wurde, war die Situation aber so, dass der Arbeitgeber aus eigenem Antrieb und nicht aus gesetzlichen Gründen einen bzw. mehrere Arbeitnehmer zum Schutz der sonstigen Belegschaft in Quarantäne geschickt hat.
Der Arbeitnehmer befand sich im März 2020 in einer Ferienwohnung mit Selbstverpflegung in Tirol (Österreich). Der Arbeitgeber forderte den Arbeitnehmer und seine Ehefrau, die ebenfalls beim Arbeitgeber beschäftigt war, auf sich zu melden, falls er sich in Österreich aufgehalten hätte. Ordnungsgemäß bestätigten der Arbeitnehmer und seine Ehefrau dies und wurden daraufhin vom Arbeitgeber in eine zweiwöchige häusliche Quarantäne geschickt, weil Tirol zu dem Zeitpunkt zu dem sich die Arbeitnehmer dort befunden haben als Risikogebiet vom RKI aufgelistet wurden waren. Beide Arbeitnehmer kamen dieser Aufforderung nach. Der Arbeitgeber verrechnete daraufhin die Arbeitszeit, die durch die ausgesprochene Quarantäneanordnung ausgefallen war mit entsprechenden Positivsalden der Arbeitnehmer auf deren Arbeitszeitkonten.
Hiergegen wehrten sich die Arbeitnehmer. Sie forderten zunächst ordnungsgemäß den Arbeitgeber zur Gutschrift der abgezogenen Stunden auf dem Arbeitszeitkonto auf und erhoben dann Klage beim Arbeitsgericht Dortmund als der Arbeitgeber dies ablehnte. Der Arbeitsnehmer hat sich dabei darauf berufen, dass die Quarantäne von zwei Wochen nicht behördlich angeordnet worden sei, sondern allein arbeitgeberseitig verhängt worden sei. Weiter wiesen die Arbeitnehmer daraufhin, das in dem Zeitpunkt als sie nach Tirol gefahren seien keine Einstufung des RKI als Risikogebiet vorgelegen habe. Außerdem habe der Arbeitgeber nicht berücksichtigt, dass der Arbeitnehmer und seine Ehefrau in einer Ferienwohnung mit Selbstverpflegung in Tirol ihre Urlaubszeit verbracht hätten, sodass ohnehin kein erhöhtes Infektionsrisiko bestanden habe.
Dagegen hat der Arbeitgeber argumentiert, dass der Gesundheitsschutz der anderen Arbeitnehmer absoluten Vorrang habe und er dem Abreitnehmer daher nicht erlauben könne, in den zwei Wochen nach der Rückkehr aus einem Risikogebiet vor Ort zuarbeiten. Da der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung aber nicht anbieten könne, habe er auch keinen Anspruch auf den Arbeitslohn.
Das Arbeitsgericht Dortmund hat in diesem speziellen Fall dem Arbeitnehmer Recht gegeben. Im Falle einer Quarantäneanordnung, sodass Arbeitsgericht wird der Arbeitgeber nach den Grundsätzen der gesetzlichen Risikoverteilung nur dann von der Verpflichtung zur Zahlung der Vergütung freigestellt, wenn die zuständige Gesundheitsbehörde beispielsweise eine Betriebsschließung oder eine Quarantäne einzelner Arbeitnehmer anordne.
Das Arbeitsgericht ließ allerdings bewusst offen, ob dies in Fällen, in denen ein Arbeitnehmer sehendes Auges in ein Risikogebiet reist anders zu beurteilten sein könnte. Im vorliegendem Fall musste dies nicht entschieden werden, weil im Zeitpunkt des Reiseantritts Tirol kein Risikogebiet war.
Nicht erörtert wurde, ob der Arbeitgeber hier einen Homeoffice-Arbeitsplatz hätte schaffen müssen. Offenbar war dies in diesem Arbeitsverhältnis nicht möglich. In Arbeitsverhältnissen, in den dies möglich ist, wird man davon ausgehen können, dass Arbeitsgerichte dieses mildere Mittel dem Arbeitgeber aufgeben würden auch in Fällen in denen ein Arbeitnehmer beispielsweise aus dringenden familiären Gründen zu seiner Familie in ein Risikogebiet reist.
Wenn Sie Reise in Risikogebiete vorhaben, sollten Sie dies zunächst mit Ihrem Arbeitgeber besprechen und für den Fall, dass keine Lösung erzielt werden kann, jedenfalls anwaltliche Beratung eines Fachanwalts für Arbeitsrecht in Anspruch nehmen.
Pia-Alexandra Kappus
(Fachanwältin für Arbeitsrecht)