Kündigungsschutz im Insolvenzfall

Welche Auswirkungen hat die Insolvenz meines Arbeitsgebers auf mein Arbeitsverhältnis?

Diese Frage wird uns in letzter Zeit als Rechtsanwälte im Arbeitsrecht wieder häufiger gestellt.

Der Presse ist zuletzt zu entnehmen, dass eine Vielzahl von namhaften Unternehmen einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahren gestellt haben.

Selbstverständlich sind Arbeitnehmer in solchen Zeiten unsicher und stellen sich oftmals die Frage, welche Auswirkungen die Insolvenzanträge der Arbeitgeber auf ihr individuelles Arbeitsverhältnis haben. Sollten auch Sie von solch einer Situation betroffen sein, möchten wir Ihnen in diesem Blogbeitrag die wichtigsten Fragen beantworten.

Ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein außerordentlicher Kündigungsgrund?

In den meisten Fällen ist die erste Sorge von Arbeitnehmern, die erfahren, dass ihr Arbeitgeber einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt haben, dass ihr Arbeitsverhältnis von heute auf morgen endet.

Zunächst können wir Sie dahingehend beruhigen, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens grundsätzlich auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses keine Auswirkungen hat und dadurch grundsätzlich kein außerordentlicher Kündigungsgrund gegeben ist.

Sollte in Ihrem Fall, dadurch dass das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht, Sie kein Leitender Angestellte i. S. d. KSchG sind und in Ihrem Betrieb mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt sind, das Kündigungsschutzgesetz zur Anwendung kommen, gilt der allgemeine Kündigungsschutz auch während eines Insolvenzverfahrens Ihres Arbeitgebers. Die Wirksamkeit einer Kündigung setzt somit auch während des Insolvenzverfahrens einen Kündigungsgrund voraus, der nicht unmittelbar durch die Insolvenz des Arbeitgebers gegeben ist.

Ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein ordentlicher Kündigungsgrund?

Sollte das Kündigungsschutzgesetz anwendbar sein, müsste ein betriebsbedingter, verhaltensbedingter oder personenbedingter Kündigungsgrund im Einzelfall vorliegen. Selbstverständlich kann eine vollständige Betriebsschließung in Folge des Insolvenzverfahrens mit weiteren Voraussetzungen zu einem ordentlichen Kündigungsgrund führen. Oftmals geht der Antrag zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens des Arbeitgebers jedoch auch mit einer Umstrukturierung der betroffenen Betriebe einher, weshalb nicht immer zwangsweise alle notwendigen Voraussetzungen einer betriebsbedingten Kündigung vorliegen. Das Vorliegen eines Kündigungsgrundes muss jedoch in jedem Einzelfall individuell geprüft werden. Sollte in Ihrem Fall eine Kündigung in Folge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Ihres Arbeitgebers ausgesprochen werden, können Sie sich gerne an unsere Fachanwälte für Arbeitsrecht der Kanzlei KAPPUS&BOHNE wenden, damit diese individuell auf Ihren Fall zugeschnitten, prüfen können, ob die ausgesprochene Kündigung wirksam ist oder welche Handlungsmöglichkeiten Sie haben.

Welche Kündigungsfrist des Arbeitsverhältnisses gilt nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens?

Sollte gesetzlich oder vertraglich eine kürzere Kündigungsfrist als drei Monate vereinbart sein, gilt auch diese nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

In den Fällen, in denen die gesetzliche Kündigungsfrist oder die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist länger als drei Monate ist oder das Recht auf eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist, gilt nach § 113 S. 3 InsO eine verkürzte Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende für den Insolvenzverwalter. Das Kündigungsrecht des Insolvenzverwalters i. S. d. § 113 InsO beginnt mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Bekommt man seinen Lohn bis zum Beendigungszeitpunkt noch gezahlt?

Grundsätzlich behalten Arbeitnehmer aufgrund des unveränderten Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses ihre Lohnansprüche gegenüber ihrem Arbeitgeber.

Arbeitslohn, der nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entsteht, muss der Insolvenzverwalter grundsätzlich aus der Insolvenzmasse zahlen.

Sollte Ihr Arbeitgeber seinen Zahlungspflichten nicht mehr oder nicht mehr vollständig nachkommen können, haben Sie mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder in den Fällen, in denen durch einen gerichtlichen Beschluss das Insolvenzverfahren mangels Masse nicht eröffnet wird, einen Anspruch auf Insolvenzgeld. Das Insolvenzgeld wird durch die Agentur für Arbeit gezahlt. Das Insolvenzgeld wird einmalig rückwirkend für die letzten drei Monate vor Eintreten der Insolvenz gezahlt. In der Regel wird das Insolvenzgeld in Höhe des Nettolohnes ausgezahlt. Eine entsprechende Höchstgrenze kann vom jeweiligen Bundesland festgelegt werden. Welche Lohnbestandteile in diesem Zusammenhang als Grundlage berücksichtigt werden und welche Bonuszahlungen hiervon nicht umfasst sind, schildern wir Ihnen gerne in einem persönlichen Gespräch mit einem unserer Fachanwälte für Arbeitsrecht der Kanzlei KAPPUS&BOHNE, da es hierbei insbesondere darauf ankommt, ob die jeweilige Bonuszahlung als Vergütung für erbrachte Arbeitsleistung angesehen wird.

Sollte der Arbeitgeber Ihnen über einen längeren Zeitraum als den, der über das Insolvenzgeld abgedeckt ist, Lohn schulden, handelt es sich um keine bevorrechtigten Forderungen, sondern es handelt sich um einfache Insolvenzforderungen.

Wir hoffen, dass wir Ihnen die wichtigsten Fragen in Bezug auf eine Insolvenz Ihres Arbeitgebers beantworten konnten. Trotz dessen empfehlen wir Ihnen sich schnellstmöglich mit einem Fachanwalt für Arbeitsrecht der Kanzlei KAPPUS&BOHNE in Verbindung zu setzen, sobald Ihnen aufgrund der Insolvenz Ihres Arbeitgebers eine Kündigung ausgesprochen wird oder Ihr Arbeitgeber Ihnen bisher nicht vollständig Ihren Lohn ausgezahlt hat.

 

Sabrina May

Rechtsanwältin