Schmerzensgeld für Arbeitnehmer bei arbeitgeberseits veranlasster Detektivüberwachung

Urteil vom 19. Februar 2015 – 8 AZR 1007/13 –
Das BAG hatte aktuell einen Fall zu entscheiden, bei dem eine Arbeitnehmerin ab dem 27.Dezember arbeitsunfähig erkrankt war, bis 28.Februar des Folgejahres, also insgesamt 2 Monate. Sie legte nacheinander sechs Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor, zuerst vier eines Facharztes für Allgemeinmedizin, dann ab 31.Januar zwei einer Fachärztin für Orthopädie. Der Arbeitgeber bezweifelte, ohne weiteren konkreten Anlass, den zuletzt telefonisch mitgeteilten Bandscheibenvorfall und beauftragte einen Detektiv mit der Observation der Klägerin. Dabei wurden auch Videoaufnahmen erstellt. Hinweise gegen das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit wurden nicht entdeckt. Die Arbeitnehmerin sieht in der der Observation einschließlich der Videoaufnahmen eine rechtwidrige Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts und verklagte den Arbeitgeber auf ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.500 € .
Das Landesarbeitsgericht(LAG) hat der Arbeitnehmerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.000 €. Vom Bundesarbeitsgericht wurde im Ergebnis ein Schmerzensgeld in der vom LAG zugesprochenen Höhe bestätigt. Es hat die Observation, einschließlich der heimlichen Aufnahmen, als rechtswidrig angesehen, weil es an einem berechtigten Anlass des Arbeitgebers zur Überwachung fehlte. Der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sei nicht dadurch erschüttert worden, dass sie von unterschiedlichen Ärzten stammten und sich zwischendurch das Krankheitsbild geändert hatte. Auch die Tatsache das der Bandscheibenvorfall zunächst hausärztlich behandelt worden war stelle keinen ausreichenden Anlass zum Zweifel an der Richtigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dar.
Die Entscheidungsgründe liegen noch nicht vor, bisher wurde lediglich eine Pressemitteilung des BAG veröffentlicht.

Was zunächst wie eine Rechtsprechungsänderung des BAG anmuten könnte, stellt sich bei näherem Hinsehen wohl doch eher als Einzelfallentscheidung dar. Es sei denn aus den Entscheidungsgründen ließe sich noch etwas Anderes entnehmen. Auch bisher hielt das BAG eine Observation eine Arbeitnehmers nur dann für berechtigt, wenn es tatsächliche konkrete Anhaltspunkte dafür gab, dass die testierte Arbeitsunfähigkeit nicht vorlag. Beispielsweise, wenn ein an Fieber erkrankter Arbeitnehmer bei Renovierungsarbeiten am eigenen Hausdach beobachtet wurde oder Ähnliches. Aus der momentan vorliegenden Pressemitteilung lässt sich nicht entnehmen, dass das BAG jetzt auch in solchen klaren Verdachtsfällen eine Überwachung für unwirksam hält. Es dürfte wohl auch weiterhin dabei bleiben, dass in solch eindeutigen Überführungsfällen der Arbeitnehmer sogar zur Übernahme der Detektivkosten herangezogen werden kann.

 

Pia-Alexandra Kappus
Fachanwältin für Verkehrsrecht Frankfurt
Fachanwältin für Arbeitssrecht Frankfurt