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Rettung vor Fahrverboten nach der neuen Bußgeldverordnung

Änderungen im neuen Bußgeldkatalog 2021

Liebe Mandantinnen und Mandanten,

durch den neuen Bußgeldkatalog, der am 09.11.21 in Kraft getreten ist, haben sich einige Änderungen ergeben, die für Sie durchaus von Relevanz sind! So erhöhen sich die Bußgelder für die meisten Ordnungswidrigkeiten mitunter empfindlich! Eine gute Nachricht jedoch vorab: Die Grenzen, ab denen Fahrverbote verhängt werden, sowie die vom Gesetzgeber vorgesehene Dauer dieser Fahrverbote ändert sich nicht. Auch die Punktegrenzen sind unverändert.

Verdopplung der Bußgelder für Geschwindigkeitsverstöße

Für das Zu-Schnell-Fahren inner- und außerorts sah es der Gesetzgeber als geboten an, die Bußgelder im Wesentlichen zu verdoppeln. Für eine Übertretung zwischen 16 und 20 km/h sind ab jetzt 70 € statt der bisherigen 35 € fällig. Außerorts wird von 30 € auf 60 € erhöht. Dieser Trend ist auch bei den Bestrafungen für Raser zu erkennen. Wer mehr als 41 km/h zu schnell fährt, zahlt, statt der bisherigen 200 €, ab jetzt mindestens 400 €. Fahrverbote drohen jedoch, wie bisher innerorts erst ab 31 km/h und außerorts ab 41 km/h zu schnell bzw. bei wiederholtem Fehlverhalten von 25 km/h oder mehr Übertritt. Bei all diesen Werten ist natürlich die Toleranz von 5 %, mindestens jedoch 5 km/h (für die Geschwindigkeiten unter Tempo 100) in Bezug auf die gefahrene Geschwindigkeit abzuziehen.

Falschparken hat sich nie weniger gelohnt

Im Allgemeinen sind die Bußgelder für das Falschparken deutlich angehoben worden. Auch in diesem Bereich steigern sich die Beträge natürlich mit zunehmender Schwere des Verstoßes. Ein einfaches Parken im Halteverbot kostet ab jetzt 25 €, statt 15 €. Empfindliche Erhöhungen der Bußgelder werden fällig für Parksünder, die Feuerwehrzufahrten blockieren und dadurch Rettungsfahrzeuge behindern. Damit verdient man sich einen Punkt nebst 100 € Bußgeld. 55 € werden fällig für den, der beim Parken einen Rad- oder Gehweg blockiert. Sogar mit einem Punkt belohnt wird dieses Verhalten, sollten durch das Fehlverhalten Fußgänger oder Radfahrer behindert oder gar gefährdet werde. Dann sind 70 € bzw. 80 € fällig. Ebenfalls 55 € kostet das Parken auf einem Parkplatz, der für Carsharing- oder Elektrofahrzeuge vorgesehen ist.

Rettungsgassensünder werden empfindlich bestraft

Seit dem neuen Bußgeldkatalog kommt bereits beim Nichtbilden einer Rettungsgasse ein Monat Fahrverbot zu den 200 € Bußgeld und 2 Punkten hinzu. Dies sollte neben möglichen strafrechtlichen Konsequenzen Motivation genug sein, auf die rechte bzw. linke Seite der eigenen Spur zu fahren. Wer jedoch so dreist ist und den Stau hinter sich lassen möchte, in dem er die Rettungsgasse als freie Spur verwendet, wird in Zukunft mit mindestens 240 €und bis zu 320 € Bußgeld, zwei Punkten und ebenfalls einem Monat Fahrverbot belohnt. Dieses Verhalten wurde bisher nur mit einem unerlaubten Rechtsüberholen bewertet.

Fahrverbot für Fußgängergefährdung

Auf ein einmonatiges Fahrverbot, sowie ein Bußgeld von 140 € statt bisher 70 € muss sich gefasst machen, wer beim Abbiegen Fußgänger nicht beachtet und diese dadurch gefährdet.

Hohe Bußgelder für Autoposer

Wer es für notwendig hält, unnötigen Lärm oder vermeidbare Abgasbelästigungen zu verursachen, bekommt zukünftig ein Bußgeld von 80 € statt bisher 10 € aufgebrummt. Auch das Bußgeld für ein unnützes Hin- und Herfahren innerhalb geschlossener Ortschaften wird von 20 € auf 100 € erhöht.

 

Zusammenfassend lässt sich mit der Meinung der Rechtsabteilung des ADAC sagen, dass das lange Diskutieren zwischen Bundesverkehrsministerium und den Ländern im Bundesrat ein gutes Ende gefunden hat. So erscheint der neue Bußgeldkatalog und seine Regelungen als durchaus angemessen. Wenn Sie sich genauer informieren möchten, empfehlen wir die Website des ADAC (Neuer Bußgeldkatalog 2021: Diese Strafen drohen | ADAC) Hier sind alle neuen Bußgelder haarklein aufgeführt.

 

Rechtsanwältin Pia-Alexandra Kappus

Rechtsanwältin für Verkehrsrecht
– Fachanwältin für Verkehrsrecht –

 

Die Früchte unserer Arbeit

Manchmal trägt unsere Arbeit auch unerwartet Früchte für unbeteiligte Dritte, wie hier für die christliche Mission,

die eine Spende eines dankbaren Mandanten bekommt weil ein drohendes Fahrverbot verhindert werden konnte.

 

 

Poliscan-Messungen – Doch kein standardisiertes Messverfahren?

Zwei neue Entscheidungen zu verschiedenen Geschwindigkeitsmessverfahren geben Anlass zu vorsichtiger Hoffnung bei der Verteidigung bei Geschwindigkeitsüberschreitungen. Hinsichtlich des Messverfahrens Traffistar S 350 hat zuletzt das AG Stralsund die Eignung zum standardisierten Messverfahren abgelehnt (AG Stralsund, Az.: 324 OWi 554/16). Das AG Stralsund hatte am 28.11.2016 in seiner Entscheidung 324 OWi 554/16 im Wesentlichen bemängelt, dass die zur Messwertüberprüfung erforderlichen Daten durch das System Traffistar S 350 in der im konkreten Fall verwendeten Software-Version durch das System selbst nicht gespeichert wurden. Damit ist aus Sicht des Gerichts eine herstellerunabhängige Prüfung des Messergebnisses mit dem Messgerät Traffistar S 350 grundsätzlich nicht möglich. Im Nachgang zur Messung bestehe keine Möglichkeit, über die Zuverlässigkeit des Messgerätes Beweis zu erheben, so das AG Stralsund. In logischer Konsequenz aus diesen Feststellungen hat das Amtsgericht Stralsund dann den Beschuldigten freigesprochen, weil es aus Sicht des Gerichts kein taugliches Beweismittel für die den Beschuldigten zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung gegeben habe.

Etwas anders gelagert ist die Argumentation des Gerichts im Fall des AG Mannheim vom 29.11.16, Az.: 21 OWi 509 Js 35740/15 zumal es sich dabei auch um ein anderes Messgerät handelt, nämlich um eine Poliscan Speed Messung. Dort war das Verfahren eingestellt worden, weil das Gericht sich nicht imstande zu einer eigenen Beweisführung bzw. Beweiswürdigung sah. Aus Sicht des Gerichts konnte der entscheidende Sachverhalt, auch nach Befragung der Hersteller und der der Physikalisch Technischen Bundesanstalt (PTB) nicht aufgeklärt werden. Das AG Mannheim hatte einen gerichtlichen Sachverständigen bestellt und befragt und war zu dem Ergebnis gekommen, dass es zwischen dessen Erkenntnissen und den Angaben der PTB im Verfahren Widersprüche gab. Dem Sachverständigen war es gelungen darzulegen, dass im konkreten Fall Abweichungen von den Vorgaben der Bauartzulassung der PTB vorlagen. Anders als in dem Fall vom AG Stralsund, indem das Messgerät Traffistar S 350 betroffen war, ist es bei den Messgeräten der Poliscan-Familie so, dass zumindest rudimentär in der Falldatei (TUFF-Datei) bestimmte Positionsdaten gespeichert werden, wenngleich diese auch nur eine sehr rudimentäre Plausibilitätsprüfung zulassen.

Der Sachverständige hatte eine gesamte Messreihe ausgewertet und dabei festgestellt, dass Werte auftauchten, die im Widerspruch zu den Bedingungen standen, wie sie in der Bauartzulassung des Geräts niedergelegt sind.

Diese Widersprüche konnten in dem konkreten Verfahren beim AG Mannheim von dort angehörten Vertretern von der PTB nicht ausgeräumt werden, weswegen die Richterin letztlich zu einer Einstellung des Verfahrens kam.

Was kann das für Ihr konkretes OWI- Verfahren bedeuten ?

Die amtsgerichtlichen Entscheidungen, in welchen ein „Anzweifeln der Messung“ zum Erfolg führt, werden ganz langsam etwas zahlreicher, dennoch sollte man sich in der Praxis nicht darüber hinweg täuschen, dass allein solche vereinzelten amtsgerichtlichen Entscheidungen noch nicht bedeuten, dass damit die sogenannten standardisierten Messverfahren jetzt schon grundsätzlich am Ende wäre. Im Gegenteil: sehr viele Gerichte halten weiter an der Argumentation fest, dass es sich um ein standardisiertes Messverfahren handelt, welches nicht mehr im Einzelnen durch das Gericht nachzuprüfen ist. Ungeachtet dessen kann aber im Einzelfall, jedenfalls wenn es um eine sehr hohe Geschwindigkeitsüberschreitung mit massiven Sanktionen wie Fahrverbot geht, unter Hinzuziehung eines Sachverständigen die konkrete Messung angegriffen werden. Eine grundsätzliche Linie der Gerichte, vom standardisierten Messverfahren abzuweichen, ist nicht festzustellen. Allerdings kann es aus anwaltlicher Sicht Sinn machen, einige der Argumente, die sich in den beiden Entscheidungen finden in einer Art Standardschriftsatz gegenüber den Behörden zusammenzufassen du sei es um dem Mandanten zumindest die detaillierte Sachkenntnis des ihn vertretenden Fachanwalts vor Augen zu führen, zumal zu diesem Thema sehr viel im Internet für jeden Mandanten jederzeit recherchierbar veröffentlich wird und viele Anwälte auch damit werben.

 

Pia- Alexandra Kappus

Fachanwältin für Verkehrsrecht