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WEIHNACHTSSPECIAL I : Habe ich einen Anspruch auf „Weihnachtsgeld“?

Das Jahr 2023 neigt sich langsam dem Ende und die „Black-Week“ steht in den Startlöchern, weshalb sich viele Arbeitnehmer fragen, ob sie einen Anspruch auf Weihnachtsgeld gegenüber ihrem Arbeitgeber haben.

Die Hans-Böckler Stiftung veröffentlichte vor wenigen Tagen die aktuellen Auswertungen des WSI-Tarifarchivs, die ergeben haben, dass 53 % aller Beschäftigten Weihnachtsgeld erhalten. Nach Angaben des statistischen Bundesamtes erhalten 2023 knapp 86 % der Tarifbeschäftigten ein durchschnittliches Weihnachtsgeld in Höhe von 2.809,00 Euro brutto.

Wir werden nachfolgend versuchen die meist gestellten Fragen zum Thema Weihnachtsgeld zu beantworten, damit Sie informiert in die Vorweihnachtszeit starten können.

 

Was ist „Weihnachtsgeld“?

Weihnachtsgeld ist eine zusätzliche Sonderzahlung, die in vielen Unternehmen in Deutschland am Ende des Jahres an die Arbeitnehmer mit dem Novembergehalt oder in zwei Teilen im November und Dezember ausgezahlt wird. Diese Sonderzahlung soll zum Teil dazu dienen, den Arbeitnehmern zusätzliche finanzielle Unterstützung für die Feiertage zu bieten und damit den Arbeitnehmer die Möglichkeit geben, zusätzliche Ausgaben für Geschenke, Feiern und andere Weihnachtsaktivitäten zu tätigen. Ebenso kann das Weihnachtsgeld auch eine Form der Anerkennung und Wertschätzung für die Arbeit der Mitarbeiter im abgelaufenen Jahr darstellen. Das Bundesarbeitsgericht vertritt die Auffassung, dass die Bezeichnung einer Zahlung als „Weihnachtsgeld“ mehrere Deutungen zu lässt, ob es sich um eine Sondervergütung mit oder ohne Entgeltcharakter handelt oder ob es sich sogar um einen Sondervergütung mit Mischcharakter handelt (BAG, Urteil vom 25.01.2023 –  10 AZR 116/22).

 

Wer hat einen Anspruch auf „Weihnachtsgeld“?

Einen gesetzlichen Anspruch auf Weihnachtsgeld gibt es nicht. Sollte ein Anspruch auf Weihnachtsgeld bestehen, müsste dieser explizit im Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder im individuellen Arbeitsvertrag geregelt sein. Hierüber hinaus kann ein Anspruch auf Weihnachtsgeld auch aus betrieblichen Übung oder dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz abgeleitet werden.

Sobald der Arbeitgeber ohne einen ausdrücklichen Vorbehalt der Freiwilligkeit allen Arbeitnehmern (oder allen Arbeitnehmern einer bestimmten Gruppe oder Abteilung) über einen längeren Zeitraum, mindestens drei aufeinanderfolgenden Jahren, ein Weihnachtsgeld in gleicher Höhe oder nach einer gleichbleibenden Berechnungsmethode zahlt, hat man auch in den folgenden Jahren auf Grundlage einer betrieblichen Übung einen Anspruch auf die Zahlung eines Weihnachtsgeldes gegenüber seinem Arbeitgeber.

Sollten in einem Unternehmen alle Arbeitnehmer bzw. alle Arbeitnehmer einer bestimmten Gruppe/Abteilung ein Weihnachtsgeld gezahlt werden, dürfen einzelne Arbeitnehmer, die mit den begünstigten Arbeitnehmern vergleichbar sind, nicht ohne triftige sachliche Gründe von der Weihnachtsgeldzahlung ausgeschlossen werden. In diesem Fall können die benachteiligten Arbeitnehmer ihren Weihnachtsgeldanspruch auf den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen.

Sollten Sie sich nicht sicher sein, ob Sie alle Voraussetzungen für einen Anspruch auf die Zahlung eines Weihnachtsgeldes erfüllen, können Sie sich gerne mit Ihren individuellen Fragen an unser Arbeitsrechtsteam der Kanzlei KAPPUS&BOHNE wenden.

 

Haben auch Teilzeitbeschäftigte einen Anspruch auf ein „Weihnachtsgeld“?

Sollten die oben aufgeführten Voraussetzungen erfüllt sein, haben auch Teilzeitbeschäftigte grundsätzlich einen Anspruch auf die Auszahlung eines Weihnachtsgeldes. Teilzeitbeschäftigte dürfen gemäß § 4 Abs. 1 TzBfG nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, jedoch kann die Höhe des Weihnachtsgeldes auf das individuelle Maß der Teilzeitbeschäftigung angepasst werden.

 

Können Arbeitgeber das „Weihnachtsgeld“ aufgrund von Krankheit, Elternzeit oder eines Sabbatical kürzen?

Grundsätzlich können in den vorgenannten Fallbeispielen die beidseitigen vertraglichen Hauptpflichten ruhen. Dies bedeutet insbesondere, dass der Arbeitnehmer nicht seine Arbeitsleistung erbringen muss und der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keine Vergütung zahlen muss.

Wie bereits dargestellt, vertritt das Bundesarbeitsgericht die Auffassung, dass die Bezeichnung einer Zahlung als „Weihnachtsgeld“ mehrere Deutungen zu lässt, ob es sich beim Weihnachtsgeld um eine Sondervergütung mit oder ohne Entgeltcharakter handelt oder ob es sich um eine Sondervergütung mit Mischcharakter handelt (BAG, Urteil vom 25.01.2023 –  10 AZR 116/22). Aus diesem Grund kann diese Frage nicht pauschal beantwortet werden und muss individuell aufgrund Ihres persönlichen Falles von einem unserer Arbeitsrechtsexperten der Kanzlei KAPPUS&BOHNE geprüft werden.

 

FAZIT:

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass obwohl mehr als die Hälfte der Beschäftigten Weihnachtsgeld erhalten, es sich aufgrund einer fehlenden gesetzlichen Anspruchsgrundlage um eine sehr individuelle Frage handelt, ob und in welcher Höhe ein Arbeitnehmer Weihnachtsgeld erhält.

Damit Sie beruhigt mit dem Wissen, ob Ihnen tatsächlich Weihnachtsgeld zusteht, in die Vorweihnachtszeit starten können, vereinbaren Sie doch gerne eine Erstberatung mit einem unserer Rechtsanwälte der Kanzlei KAPPUS&BOHNE.

 

 

Sabrina May

Rechtsanwältin

Was wenn der Arbeitgeber dieses Jahr kein Weihnachtsgeld zahlt?

Das Weihnachtsfest und Silvester 2022 stehen vor der Tür.

2022 war ein Jahr geprägt von ökonomischen Krisen, von Krieg, von Öl- und Gasknappheit sowie von stark steigenden Preisen. Das verschärft die Bedeutung des Weihnachtsgeldes sowohl für Arbeitgeber, die wegen der hohen Energiekosten dringend Einsparpotential suchen, als auch auf Seite der Arbeitnehmer, die auf das Weihnachtsgeld warten, um die gestiegenen Kosten wenigstens teilweise kompensieren zu können.

Doch was gilt, wenn die Überweisung plötzlich ausbleibt oder nur die Kollegen eine Zahlung erhalten? Habe ich überhaupt einen Anspruch auf das häufig auch als „13. Gehalt“ bezeichnete Geld? Diese Frage beschäftigt die Arbeitsgerichte durch alle Instanzen jedes Jahr aufs Neue. So hatte das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg (Urteil vom 22.02.2022, Az. 11 Sa 46/21) bereits im Februar 2022 einen Fall zu entscheiden, in dem einem langzeiterkrankten Arbeitnehmer kein Weihnachtsgeld ausgezahlt wurde.

Der Kläger, der in einem Betrieb mit sieben Arbeitnehmern seit dem Jahr 2003 beschäftigt war, machte Ansprüche auf Weihnachtsgeldzahlung für die Jahre 2018 bis 2020 geltend. Er war seit Dezember 2017 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Der Arbeitgeber hatte ihm von Beginn des Arbeitsverhältnisses an, also über 14 Jahre hinweg, vorbehaltlos Weihnachtsgeld gewährt. Im Jahr 2017 enthielt die Überweisung das erste Mal den Zusatz „freiwillig“ und im darauffolgenden Jahr 2018 blieb die Zahlung ganz aus.

Die Vorinstanz, das Arbeitsgericht Villingen-Schwenningen, hat der Klage teilweise stattgegeben und dem Arbeitnehmer den überwiegenden Weihnachtsgeldanspruch zugesprochen. Dazu führte es in seinem Urteil aus, dass eine über den vertraglich vereinbarten Lohn hinausgehende Sonderzahlung den Arbeitgeber bei regelmäßigem Gewähren dieser Gratifikation auch zu zukünftigen Zahlungen verpflichte. Dies folge schon aus den Grundsätzen der betrieblichen Übung. Eine betriebliche Übung entstehe gerade durch regelmäßige Zahlungen.

Das LAG hat die Klage in der Berufung abgewiesen und damit die Streichung des Weihnachtsgeldes durch den Arbeitgeber als berechtigt angesehen. Zwar geht auch das LAG im vorliegenden Fall von einer betrieblichen Übung des Arbeitgebers aus, weil er über viele Jahre hinweg an den Arbeitnehmer Weihnachtsgeld gezahlt hat. Daran ändert nach Auffassung des LAG auch der im Jahr 2017 erstmals aufgeführte Zusatz „freiwillig“ nichts. Eigentlich wäre der Arbeitgeber in einem solchen Fall zur Zahlung des Weihnachtsgeldes verpflichtet. Nach ständiger Rechtsprechung auch des Bundesarbeitsgerichts (BAG) kann ein auf betrieblicher Übung basierender Anspruch nur durch eine Änderungskündigung oder individuelle Vereinbarung außer Kraft gesetzt werden. Für das LAG war vielmehr entscheidend, dass der Arbeitnehmer dauerhaft erkrankt war und deshalb seit 2018 keine Arbeitsleistung mehr erbracht hat. Im Arbeitsvertrag war die Auszahlung des Weihnachtsgeldes nicht an einen besonderen Zweck geknüpft wie etwa eine Halte-, Treue-, Sauberkeits- oder Freundlichkeitsprämie. Deshalb sei davon auszugehen, dass das Weihnachtsgeld allein als Gegenleistung für erbrachte Arbeitsleistung gewährt wurde. Diese Leistungen habe der Kläger infolge seiner fortgesetzten Arbeitsunfähigkeit eben gerade nicht erbracht, so dass er auch keinen Anspruch auf ein Weihnachtsgeld habe.

Ob das rechtlich richtig ist, wird des BAG demnächst im Verfahren 10 AZR 116/22 entscheiden. Es bleibt abzuwarten, ob die vom LAG vorgenommene Auslegung des Zwecks der Zahlungen durch den Arbeitgeber Bestand haben wird.

In den meisten Fällen, in welchen es Streit um das Weihnachtsgeld gibt, kommt es auf Ihren individuellen Arbeitsvertrag an und darauf, ob tarifvertragliche Regelungen gelten oder eine bestehende Betriebsvereinbarung im konkreten Einzelfall eingreift. Festzuhalten bleibt jedenfalls, dass der Arbeitgeber ein über Jahre gezahltes Weihnachtsgeld auch dann nicht so einfach „streichen“ kann, wenn er es als „freiwillig“ bezeichnet.

Es lohnt sich also stets, fachanwaltlichen Rat einzuholen, wenn auf Ihrer Gehaltsabrechnung das Weihnachtsgeld fehlt. Wir haben schon zahlreiche solcher Fälle bei Gericht erfolgreich vertreten und beraten Sie gern.

Wir wünschen Ihnen eine schöne Adventszeit und ein frohes Weihnachtsfest

Pia-Alexandra Kappus

Fachanwältin für Arbeitsrecht